Die Tierarztpraxis ist meistens geprägt von Empathie und Hingabe. Und so kann es passieren, dass Sie als TierärztInnen und MitarbeiterInnen nach einer Weile ihre eigene Leistung nicht mehr wertschätzen. Ständig im Einsatz für das Wohl der Tiere und das Wohlwollen der HalterInnen, geraten die eigenen Bedürfnisse oft in den Hintergrund. Und das kann schlimme Folgen haben: Burnout ist nur eine der vielen Folgen. Darum zeigen wir Ihnen in diesem Artikel, wie Sie den Wert Ihrer Arbeit wieder schätzen können.
Das Helfersyndrom
Viele TierärztInnen und MitarbeiterInnen in der Praxis sind von einem starken inneren Antrieb geprägt, anderen zu helfen. Das geht manchmal sogar auf Kosten der eigenen Gesundheit und des Wohlbefindens. Sie bleiben oft länger in der Praxis, arbeiten außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten und bieten zusätzliche Leistungen an, ohne dafür angemessen entlohnt zu werden. Das mag kurzfristig befriedigend sein, langfristig führt es jedoch oft zu Erschöpfung und Frustration.
Anzeichen für das Helfersyndrom:
- Sie übernehmen zusätzliche Aufgaben, auch wenn sie eigentlich außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs liegen.
- Pausen oder Feierabend? Sie fühlen sich schuldig, wenn Sie sie in Anspruch nehmen.
- Die Bedürfnisse der Tiere und HalterInnen stehen für Sie immer an erster Stelle, selbst wenn Sie dafür Ihre eigenen zurückstellen.
- Sie sagen kaum „Nein“, auch wenn Ihr Terminkalender schon überfüllt ist.
- Arbeit begleitet Sie nach Hause – sei es physisch oder gedanklich.
Der „Halsabschneider“
Ein echter „Halsabschneider“ handelt in erster Linie aus eigennützigen Motiven und zeigt wenig Interesse an der langfristigen Zufriedenheit der KundInnen oder der Qualität der erbrachten Leistungen. Hier geht es um den schnellen Profit, ohne Rücksicht auf ethische Standards oder den tatsächlichen Mehrwert für die KundInnen.
Viele TierärztInnen scheuen sich deswegen, eine angemessene Preisgestaltung für ihre Dienstleistungen durchzusetzen. Doch diese Angst ist oft unbegründet. Kunden, die den Wert der angebotenen Dienstleistungen verstehen, schätzen auch eine faire Preisgestaltung.
Merkmale eines „Halsabschneiders“:
- Überhöhte Preise ohne nachvollziehbare Erklärung oder Gegenwert für die KundInnen.
- Leistungen werden bewusst überdiagnostiziert oder unnötige Behandlungen durchgeführt, um mehr Geld zu verdienen.
- Es gibt keinerlei Transparenz über die Preisgestaltung; KundInnen erfahren erst im Nachhinein von hohen Rechnungen.
- Beschwerden oder Rückfragen werden ignoriert oder mit unfreundlichen Antworten abgewiesen.
- Kundenbindung spielt keine Rolle – es geht nur um kurzfristigen Gewinn, nicht um langfristige Zufriedenheit.
Das Helfersyndrom und der Halsabschneider sind keine gesunden Ansätze für den Arbeitsalltag in der Tierarztpraxis. Der Schlüssel liegt darin, einen Mittelweg zu finden: Setzen Sie klare Grenzen und verlangen Sie eine faire Entlohnung für Ihre Arbeit. Zudem sollten Sie auf Ihre eigene Gesundheit und Zufriedenheit achten.
Was sind Ihre Zeit und Arbeit wert?
Ein gesunder Mittelweg bedeutet, dass Ihre Zeit und Ihre Arbeit schätzen lernen. Sie haben eine jahrelange Ausbildung durchlaufen und bringen Fachwissen sowie Erfahrung mit, um entsprechend honoriert zu werden.
Fragen Sie sich selbst: Wie viel Zeit, Energie und Geld habe ich investiert, um dort zu sein, wo ich heute bin?
Die Leistungen, die in einer Tierarztpraxis erbracht werden, sind von immenser Bedeutung für das Wohl der Tiere und ihrer BesitzerInnen. Diese Bedeutung sollte nicht unterschätzt werden – und verdient eine entsprechende Anerkennung, auch in Form einer fairen Entlohnung.
Um den eigenen Wert klar zu kommunizieren, ist es wichtig, selbstbewusst zu agieren. Verlangen Sie angemessene Preise für Ihre Dienstleistungen und erklären Sie diese bei Bedarf auch gegenüber den KundInnen. Oftmals fehlt diesen das Verständnis für die Komplexität und den Aufwand hinter bestimmten Behandlungen. Eine transparente Kommunikation schafft hier Klarheit und stärkt das Vertrauen.
Wertschätzung von KundInnen und KollegInnen
Neben der Selbstwahrnehmung spielt die Wertschätzung von außen eine wichtige Rolle. Es gibt KundInnen, die Ihre Arbeit als selbstverständlich betrachten, und solche, die Ihnen bewusst ihre Wertschätzung zeigen. Beide Gruppen sind in jeder Praxis vertreten. Jedoch sollten Sie sich auf die positiven Rückmeldungen fokussieren und diese auch annehmen. Ein einfaches „Danke“ oder ein ehrliches Lob kann enorm motivieren und bestätigt den Wert Ihrer Arbeit.
Innerhalb des Praxisteams ist gegenseitige Anerkennung ebenfalls von großer Bedeutung. In einem funktionierenden Team unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig. Das bedeutet, dass Aufgaben und Herausforderungen gemeinsam bewältigt werden und dass die Arbeit jedes Einzelnen wertgeschätzt wird.
Kurze Anerkennungen im Alltag stärken das Gemeinschaftsgefühl. Ein respektvoller Umgang miteinander und ein Lob für gute Arbeit sollten in jeder Praxis zum Alltag gehören.
Beginnen Sie mit der Wertschätzung Ihrer Arbeit!
Anerkennung und Wertschätzung von außen sind wichtig, aber der erste Schritt liegt bei Ihnen selbst: Lernen Sie, sich selbst und Ihre Leistung zu schätzen, klare Grenzen zu setzen und sich eine faire Entlohnung für Ihre Arbeit zu sichern. So schaffen Sie nicht nur für sich selbst ein besseres Arbeitsumfeld, sondern tragen auch zur langfristigen Qualität und Professionalität Ihrer Praxis bei.
